Tagung vom 08. Juni 2022:
Nachhaltiger Massentourismus - geht das?

Digital unterstützte Besuchendenlenkungs­strategien in viel besuchten Destinationen

Referent:innen aus ganz Europa haben am 08. Juni 2022 gemeinsam mit uns, der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht, und Touristiker:innen darüber beraten, wie man den Tourismus im Land nachhaltiger entwickeln kann.

Das Fazit von TALB-Vorstand André Rosinski fiel sehr positiv aus, nicht nur als Organisator der Veranstaltung, sondern auch als Touristiker allgemein: "Grund der Veranstaltung war, dass wir ein ernsthaftes Interesse haben, unseren Gästen weiterhin eine tolle Aufenthaltsqualität garantieren zu können. Wir wollen ihnen einen Hinweis geben, wie sie einen Platz in unserem Ort finden, der für sie wirklich optimal ist. Eine Entzerrung von Besuchern führt auch zu mehr Akzeptanz bei den Einwohnern und das stärkt das Miteinander, ganz im Sinne der Nachhaltigkeit."

Vorträge zum Download

Vortrag Prof. Wolfgang Strasdas
Vortrag Dirk Rogl
Vortrag Dr. Engelbert Ruoss
Vortrag Louisa Wolf-Gorny
Vortrag Prof. Dr. Dagmar Lund-Durlacher
Vortrag Jakub Królikowski
Vortrag Paul Stellmacher
Workshop Besuchendenlenkung
Workshop Informationssysteme

Ihre offenen Fragen

Während einiger Vorträge entstanden einige Fragen aus den Reihen der Teilnehmenden an die Referent:innen, die vor Ort nicht mehr beantwortet werden konnten. Diese haben wir gesammelt und möchten sie wie versprochen im Nachgang hier beantworten.

Ist Google wirklich ein Tool zur Besuchenden"Lenkung"?

Frage: Ist Google wirklich ein Tool zur Besuchenden"Lenkung"? Der Begriff impliziert ja letztlich Nachhaltigkeit. Verstärkt es das Problem von Massentourismus nicht eher? (Starke Konzentrierung auf bestimmte Orte, leichte Auffindbarkeit von sensiblen Orten z. B.)

Antwort von Dirk Rogl: Eindeutig ja vom umfassenden Funktionsumfang. Allerdings nicht zwingend zur nachhaltigen Besuchendenlenkung.

Was wissen wir darüber, inwieweit sich Besuchende auf Basis der erfassten Daten tatsächlich "lenken" lassen ...?

Frage: Was wissen wir darüber, inwieweit sich Besuchende auf Basis der erfassten Daten tatsächlich "lenken" lassen, d.h. beispielsweise Alternativziele aufsuchen, die ihnen über Apps oder Google angeboten werden?

Antwort von Dirk Rogl: Die Corona-abhängige Lenkung zur Hotspot-Vermeidung kann dauerhaft nicht das Ziel sein. Aber Besuchende lassen sich gern informieren und inspirieren. Sie sind dankbar für in Echtzeit verfügbare Angebote. Aus der Lenkung sollte eine personalisierte Inspiration werden.

Welche Möglichkeiten/Förderungen gibt es zur Finanzierung von Besucherlenkungsmaßnahmen für beispielsweise Großschutzgebiete, welche nicht über die finanziellen Kapazitäten verfügen?

Frage: Welche Möglichkeiten/Förderungen gibt es zur Finanzierung von Besucherlenkungsmaßnahmen für beispielsweise Großschutzgebiete, welche nicht über die finanziellen Kapazitäten verfügen?

Antwort von Jakub Królikowski: Prinzipiell sind in allen Bundesländern Förderungen mit Förderquoten von 50-70% der einmaligen Kosten für Verkehrslenkungssysteme vorhanden, oftmals im Rahmen von sog. „Städtebauförderrichtlinien“ (trotz des Namens können hierauf auch kleinere Gemeinden zugreifen). Gerne kann ich hier die Teilnehmer persönlich bei Detailfragen unterstützen, da nahezu alle unsere Projekte in Deutschland eine Förderung beansprucht haben.

Antwort von Dirk Rogl: Siehe www.foerderwegweiser-tourismus.de im Überblick. Die Möglichkeiten sind vielfältig und müssen individuell selektiert werden.

Hinsichtlich 4-Saison-Betrieb: die vorhandene Staffelung der Schulferien (inkl. Winterferien) stehen derzeit in der Debatte. Wie ist die Rolle der Touristiker in diesen Entscheidungsprozessen?

Frage: Hinsichtlich 4-Saison-Betrieb: die vorhandene Staffelung der Schulferien (inkl. Winterferien) stehen derzeit in der Debatte. Wie ist die Rolle der Touristiker in diesen Entscheidungsprozessen?

Antwort von Dirk Rogl: Große Verbände sind vertreten in den vorbereitenden Abstimmungsgesprächen der Bund-Länder-Konferenz.

Haben Sie auch die Nutzung von Social Media in UNESCO Global Geoparks bereits untersucht?

Frage: Haben Sie auch die Nutzung von Social Media in UNESCO Global Geoparks bereits untersucht?

Antwort von Dr. Ruoss: (per Direktnachricht im Chat beantwortet): zwei der untersuchten Welterbegebiete sind Geoparks: Swiss Tectonic Arena Sardona, Swiss Alps Jungfrau-Aletsch, aber auch Analysen in den Dolomiten. Geoparks Analysen entsprechen den Naturparks.

In Bezug auf die Welcome Palma App: Ist im Zuge der Erweiterung des Chatbots auch das Ausspielen über WhatsApp geplant?

Frage: In Bezug auf die Welcome Palma App: Ist im Zuge der Erweiterung des Chatbots auch das Ausspielen über WhatsApp geplant?

Antwort von Louisa Wolf-Gorny: Die Fundació Turisme Palma 365 überarbeitet derzeit die Welcome Palma Web-App im Rahmen des Projektes Plan Impulso Palma, Destino Turístico Sostenible e Inteligente. Dazu gehört die Ausweitung der Zielgruppe von Kreuzfahrttouristinnen und -touristen auf alle Gäste. Ggf. beinhaltet dies auch eine Ausspielung über weitere/ neue Plattformen. Dazu liegen mir aber bislang keine weiteren Informationen vor.

Frage zu Mallorca: Kreuzfahrttourismus und "Ballermann" wird also schon recht stark reguliert und gelenkt - aber was ist mit dem Residenzialtourismus?

Frage: Frage zu Mallorca: Kreuzfahrttourismus und "Ballermann" wird also schon recht stark reguliert und gelenkt - aber was ist mit dem Residenzialtourismus? Wird dieser im Rahmen der aktuellen Strategien auch in den Fokus genommen? Kosten und Nutzen für die Insel sind hier ebenfalls recht kritisch zu sehen, v.a. unter ökologischen Aspekten (Landschafts- und Wasserverbrauch)!

Antwort von Louisa Wolf-Gorny: Der Residenzialtourismus wurde vor allem durch die Verfolgung eines so genannten 'Qualitätstourismus' während des dritten touristischen Booms in den 1990er Jahren gefördert. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben die Auswirkungen des Residenzialtourismus untersucht und betonen, dass er einige negative Auswirkungen für Landschaft und Umwelt hat (v.a. hoher Verbrauch von Landschaft, Boden und Wasser). (Siehe beispielsweise die folgenden beiden Artikel:  

Schmitt (2007) „Ballermann war besser - Qualitätstourismus und seine Folgen“ unter https://www.scinexx.de/service/dossier_print_all.php?dossierID=91603

und

Schmitt & Blázquez Salom (2003) „Der dritte Tourismusboom auf Mallorca (1991-2000) -zukunftsweisender Trend oder überschrittener Zenit?“ unter https://www.researchgate.net/publication/284295831_Der_dritte_Tourismusboom_auf_Mallorca_1991-2000-zukunftsweisender_Trend_oder_uberschrittener_Zenit.

Aktuell werden von der Balearischen Regierung bzw. dem mallorquinischen Inselrat Maßnahmen ergriffen, die den Tourismus im Landesinneren allgemein stärker regulieren. Mit dem Plan de Intervención en Ámbitos Turísticos de Mallorca (PIAT) wurden beispielsweise strenge Auflagen für neue Lizenzen für 'hoteles rurales' (Landhotels) eingeführt. Zudem stehen bei der Deckelung der Gästebetten weniger Kapazitäten für Ferienwohnungen zur Verfügung, was die touristische Vermietung von Zweithäusern ebenfalls künftig herausfordernder macht.

Sollte man in Zukunft hauptsächlich den Fokus auf digitale Besucherlenkung setzen?

Frage: Sollte man in Zukunft hauptsächlich den Fokus auf digitale Besucherlenkung setzen bzw. welche (digitalen) Möglichkeiten außer Absperrungen es gibt, um z. B. Wegegebote einzuhalten?

Antwort von Dirk Rogl: Sehr viele. Einen guten Überblick liefert das Forschungsprojekt Eskinat: www.kompetenzzentrum-tourismus.de/tourismusfoerderung/lift-wissen/outdooractive